Ein Pionier in der Digitalisierung

Sie führen das Familienunternehmen Printex AG in zweiter Generation: Bruder Christoph Affentranger und Schwester Marlen Baumgartner mit Sohn Julian. Rechts Samuel Baer, Leiter Offsetdruck.

Die dritte Generation drückt den Startknopf: Seit März produziert die Printex AG auf einer Speedmaster CX 75 von Heidelberg.

Seit diesem Frühjahr produziert die Printex AG auf einer Speedmaster CX 75 und auf einer Digitaldruckmaschine Versafire EV der neuen Generation. Mit der Investition setzt das Familienunternehmen die Digitalisierung der Administrativ- und Produktionsprozesse fort. Gemäss dem Prinzip des Vendor Inventory Management ist das Verbrauchsmateriallager in die digitale Workflow-Steuerung integriert.

Wird in der Schweiz über die Digitalisierung von Prozessen in der Druckindustrie diskutiert, fällt bald einmal der Name Printex AG. Seit geraumer Zeit arbeitet das mittelständische Familienunternehmen in Dagmersellen daran, die Abläufe in Administration und Produktion in eine digitale Workflow-Steuerung zu integrieren. Prozesse sollen so rationell wie möglich gestaltet, manuelle Eingriffe minimiert werden. Einen grossen Schritt hat die Printex AG im letzten Jahr getan: Damals wurden ein CtP-Belichter Suprasetter A 75 DTL (Dual Top Loader für zwei Plattenformate), ein Digitaldrucksystem Versafire CV und eine Schneidemaschine Polar N 92 PRO HD in den Prinect Production Manager der Heidelberger Druckmaschinen AG (Heidelberg) integriert. In diesem Frühjahr hat die Printex AG die Digitalisierung fortgesetzt und in neue Bogenoffsettechnik und den Digitaldruck investiert. Eine Speedmaster CX 75-5+L von Heidelberg produziert seit März anstelle einer Speedmaster SM 74-5-P+L aus dem Jahr 2009. Im Digitaldruck wurde die rund vierjährige Versafire CV durch ein Modell der neuen Generation Versafire EV ersetzt. Die Investition in den Bogenoffset ist in einen Subscription-Smart-Vertrag von Heidelberg eingebettet. Im Rahmen dieses Vertrags hat die Printex AG die Bogenoffsetmaschine auf dem klassischen Weg finanziert. Derweil bezieht sie von der Heidelberg Schweiz AG gegen Bezahlung einer monatlichen Gebühr die technischen Serviceleistungen und sämtliches Saphira-Verbrauchsmaterial. Im Subscription- Smart-Vertrag enthalten sind ebenso die Beratung und Schulung sowie automatische Updates für den Prinect Production Manager. Für die Kommunikation mit der Heidelberg Schweiz AG arbeitet die Printex AG mit dem Heidelberg Assistant. Das Online-Dialog-Instrument ermöglicht an allen sieben Wochentagen während 24 Stunden den Zugang zu allen administrativen und technischen Informationen rund um den eigenen Betrieb und zum Heidelberg-Service. Ein Produktivitäts- Monitoring orientiert die Printex AG, wie gut sie auf der Speedmaster CX 75 arbeitet und inwieweit die Leistung auf dem Bogenoffsetsystem gesteigert werden kann.

Digitale Lagerverwaltung

Gemäss dem Subscription-Smart-Vertrag liefert die Heidelberg Schweiz AG das Saphira-Verbrauchsmaterial für die neue Bogenoffsetmaschine sowie für zwei ältere Maschinen, eine Speedmaster SM 52-5+L und eine Speedmaster SM 52-2. Die Printex AG verwaltet das Verbrauchsmateriallager nach dem Prinzip des Vendor Managed Inventory (VMI). Jeder Artikel ist durch einen Barcode gekennzeichnet und wird automatisch abgebucht, sobald er dem Lager entnommen und mittels eines Industrie-Scanners identifiziert worden ist. Die Heidelberg Schweiz AG ist immer über den Lagerbestand informiert. Hat ein Artikel einen Mindestbestand erreicht, wird automatisch eine Lieferung ausgelöst.

Drei Gründe für die Geschwindigkeit

Mit der neuen Speedmaster CX 75 weitet die Printex AG die Digitalisierung in den Bogenoffset aus. War eine Integration der früheren Speedmaster SM 74 in die digitale Prinect-Steuerung nur beschränkt möglich, sind die Voraussetzungen dazu jetzt erfüllt. Die Produktionsdaten werden, verpackt in einem Job-Ticket, an das Prinect Press Center, den Leitstand des Drucksystems, übermittelt. Alle Informationen, die das System für eine vollautomatische Einstellung benötigt, sind gegeben: die Flächendeckungswerte der Farbauszüge, das Bogenformat, die Stärke des Bedruckstoffs, dessen Qualität bzw. die Oberflächenbeschaffenheit. Für alle Lufteinstellungen sind im Prinect Press Center Standardprofile hinterlegt. Der Katalog kann durch eigene Profile erweitert werden. «Während wir einen Auftrag drucken, können wir den nächsten vorbereiten, danach stellt sich die Maschine selbstständig auf den neuen Auftrag ein», sagt Christoph Affentranger, der mit Die dritte Generation drückt den Startknopf: Seit März produziert die Printex AG auf einer Speedmaster CX 75 von Heidelberg. swiss print+communication 55 seiner Schwester Marlen Baumgartner die Geschäfte der Printex AG führt. Besonders angetan ist er von der sehr kurzen Zeitdauer, die er in der Kalkulation für einen Auftragswechsel einsetzen muss. Die Gründe für die hohe Geschwindigkeit ortet er vor allem in drei technischen Merkmalen: im automatischen Plattenwechsler Autoplate Pro – er nennt zwei Minuten fünfunddreissig Sekunden für den Wechsel eines CMYK-Plattensatzes –, in der Assistenz-Software Intellistart – die Software aktiviert bei einem Auftragswechsel selbstständig alle notwendigen Rüstsequenzen – und im Mess- und Regelsystem Prinect Inpress Control.

Zurück in den Bogenoffset

Prinect Inpress Control regelt die Farbführung und den Passer automatisch während des anlaufenden Druckprozesses auf die Sollwerte ein. Die Makulatur, die das Bogenoffsetsystem bis zur Fortdruckfreigabe beansprucht, ist derart gering, dass die Printex AG Auflagen mit 300 Bogen auf der Speedmaster CX 75 wirtschaftlich produziert. Das heisst: Kleine Auflagen, die einst vom Bogenoffset in den Digitaldruck wanderten, gehen jetzt zurück in den Bogenoffset. Diese Rückverlagerung wird durch die Bauweise der Speedmaster CX 75 weiter begünstigt. Früher sei öfters auf den Digitaldruck ausgewichen worden, weil die Speedmaster SM 74 bei den Bedruckstoffstärken an Grenzen stiess, sagt Christoph Affentranger. Diesbezüglich biete die neue Bogenoffsetmaschine dank der grossen Druckzylinder und Transferter einen deutlich grösseren Spielraum. Die schnell ausgeführten Einrichtvorgänge, wie sie die Integration der Prozesse in den Prinect- Workflow ermöglicht, greifen ebenso bei den ein- und zweifarbigen Aufträgen. Früher konnten diese Druckerzeugnisse auf der umstellbaren Speedmaster SM 74 in einem Durchgang verarbeitet werden. Auf der Speedmaster CX 75, gebaut für den reinen Geradeausbetrieb, ist das nicht möglich. Ein Nachteil? Im ersten Moment habe er das als Einschränkung empfunden, antwortet Christoph Affentranger. Ganz rational betrachtet, sei aber eine Wendung nicht mehr erforderlich. In den vergangenen elf Jahren habe der Anteil vier- und fünffarbiger Aufträge am gesamten Volumen stark zugenommen. «Die verbleibenden ein- und zweifarbigen Arbeiten produzieren wir auf der hochgradig automatisierten Druckmaschine auch ohne Wendung wirtschaftlich», hält er fest.

Digitalisierung schafft Freiraum

«Mit Tempo und Flexibilität kann sich die Printex AG im Markt behaupten», sagt Christoph Affentranger. Diesbezüglich hat das Familienunternehmen mit den jüngsten Investitionen in die Workflow-Automation und in moderne Produktionstechnik deutlich zugelegt. Die Herstellung von Standarddrucksachen sei inzwischen so weit automatisiert, dass kaum noch manuell in den Prozess eingegriffen werde. Würde ein Kunde einen Auftrag nachbestellen, liege das fertige Produkt innert weniger Stunden bereit. Aber bei Tempo, Flexibilität und Standarddrucksachen lässt es die Printex AG nicht bewenden. Vor rund drei Jahren hat das Gründerehepaar Josef und Rosmarie Affentranger nach vier Jahrzehnten die Geschäftsführung an die junge Generation abgetreten. Seither arbeitet diese intensiv am Aufbau neuer Produkte, die das klassische Drucksachengeschäft ergänzen und unterstützen und das Familienunternehmen weiter voranbringen sollen. Die Digitalisierung der standardisierten Drucksachenproduktion schafft Freiraum für die Spezialitäten. Auf einer Laminiermaschine werden Karten, Werbedrucksachen, Umschläge für Broschüren und andere Produkte vollflächig laminiert oder partiell mit metallischen Folien veredelt. Auf einem Laser-Gerät werden Stein, Holz, Metall, Kunststoffe und andere Materialien graviert. Dank einer speziellen Vorrichtung sind selbst Gravuren auf zylindrische und konische Körper möglich. Diese Spezialitäten erfreuten sich im Markt einer zunehmenden Akzeptanz, sagt Christoph Affentranger. Neben der Drucksachengestaltung entwickeln die Polygrafinnen und Polygrafen der Printex AG Webseiten. Sie entwerfen 3D-Visualisierungen, drehen und schneiden Filme, fotografieren im Studio und bei den Kunden vor Ort. Mit diesen Leistungen adressiert die Printex AG Vereine, Handwerker, kleine Gewerbebetriebe. Es sind jene Kunden, die dem Unternehmen seit Jahrzehnten auch ihre Drucksachen anvertrauen.

Fortschrittlich konservativ

Die Printex AG muss innerhalb der grafischen Branche zu den Pionieren der Digitalisierung gezählt werden. Die Unternehmensführung hat früh erkannt, wie bedeutend im Hinblick auf die Wettbewerbsfähigkeit es ist, Prozesse möglichst schlank zu gestalten und in neue Technologien zu investieren. Von der Vorstufe über den Bogenoffset- und den Digitaldruck bis in die Weiterverarbeitung ist die Produktion weitgehend in eine digitale Workflow-Steuerung integriert. Selbst die Verwaltung des Verbrauchsmateriallagers und der Dialog mit der Heidelberg Schweiz für alle technischen und administrativen Belange sind berücksichtigt. Es darf diesem fortschrittlichen Handeln zugeschrieben werden, warum das mittelständische Familienunternehmen seine Aufgaben während mehr als vierzig Jahren gut gemeistert hat. Der progressiven steht eine andere, konservative Haltung gegenüber, die den Erfolg nicht weniger stark prägt: Die Printex AG hat stets erst dann investiert, wenn die Mittel dazu vorhanden waren. Diese Haltung, wie ein Unternehmen zu finanzieren ist, widerspricht zwar vielen Lehrmeinungen, die an manchen Managementschulen gelehrt werden. Aber sie gibt jenen Recht, die ein Unternehmen aufgebaut und bis anhin erfolgreich geführt haben.

Text: Heidelberg Schweiz