Kann Design gemessen werden?

Das Design einer Anwendung ist nie ein Zufallsprodukt. Kunde und Designer setzen sich zusammen und bestimmen eine Gestaltungsrichtung und ein Gefühl, dass bei der Betrachtung des Produktes vermittelt werden soll. Es werden Vorschläge erstellt und ausgearbeitet, man setzt sich wieder zusammen und arbeitet an der Gestaltung, bis das gesamte Projektteam vom Design überzeugt ist. Das Produkt ist perfekt!

Doch nur weil das Projektteam seine Werte und Botschaften im Design widergespiegelt sieht, heisst das noch lange nicht, dass die tatsächlichen Endnutzer es auch so wahrnehmen. Das Thema, das eigentlich fröhlich sein sollte, kann auf die Nutzer aggressiv wirken, oder sie können sich mit den fröhlichen, lächelnden Menschen auf der Landingpage nicht identifizieren. Aber woher wissen wir das? Wie können wir herausfinden, ob die beabsichtigte Wirkung eines visuellen Designs auch wirklich beim Zielpublikum ankommt?

Indirekter Ansatz

Der einfachste Weg wäre wohl: «Fragen wir doch unsere Nutzer!». Doch wenn man die Nutzer explizit fragt, was sie von dem gezeigten Design halten, bekommt man schlussendlich eine Liste an individuellen Meinungen. Das ist für eine ganzheitliche Beurteilung nicht wirklich gewinnbringend, weshalb ein indirekterer Ansatz zielführender sein kann. Indirekt, weil die Befragung nicht nach der persönlichen Meinung fragt, sondern das empfinden mit vorgegebenen Antworten leitet. Die folgenden drei Methoden können einfach und kostengünstig angewendet werden und eignen sich darum auch für dein Projekt.

SEMANTISCHES DIFFERENZIAL – SPIEL MIT KONTRASTEN

Das semantische Differenzial nutzt ein Bewertungssystem zur Messung der Einstellung von Benutzern gegenüber dem Design. Anhand von Wortpaaren, die gemeinsam mit dem Kunden definiert wurden, kann das Design gemessen werden. Kleiner Geheimtipp: Bei der Wahl der Wortpaare sollten die Unternehmenswerte mit einbezogen werden.

So funktioniert’s

  •  Definiere zwischen 10–15 komplementäre Wortpaare
  • Setze die Paare auf einer 5-Punkte-Bewertungsskala gegenüber.
    Die ungerade Auswahlmöglichkeit verhindert
    einen neutralen Mittelpunkt, der oft als «Zwangsauswahl»
    empfunden wird
  • Je näher der Punkt an einem Wort gesetzt wird, desto
    intensiver ist die Wahrnehmung
  • Nach dem Zusammenfassen der Einzelbewertungen
    kann man die Tendenz der Wahrnehmung einschätzen
    und gegebenenfalls das Design optimieren

WÜNSCHBARKEITSTEST – AUSWAHL DES LOOK & FEEL

Der Wünschbarkeitstest untersucht die emotionale Reaktion und die Wünschbarkeit eines Produktes. Der Test basiert auf den «Microsoft Reaction Cards», einem Set von 118 Adjektiven. Etwa 60 % der Adjektive sind positiv und 40 % negativ oder neutral.

So funktioniert’s

  • Alle Adjektive werden einzeln auf Karten geschrieben
    und gut sichtbar auf einem Tisch verteilt
  • Nach der Betrachtung des Designs werden alle Teilnehmenden
    gebeten, die ihrer Meinung nach passenden
    Karten zum Designerlebnis auszuwählen. Die Anzahl
    gewählter Karten kann offen oder begrenzt sein
  • Die gewählten Karten sollen dann begründet werden
  • Die meist genannten Adjektive zeigen, ob das Design die
    gewünschte Wirkung erzeugt

FÜNF-SEKUNDEN-TEST – ES GEHT UM DEN ERSTEN EINDRUCK

Der erste Eindruck ist entscheidend. Studien zeigen, dass wir nur eine Zehntelsekunde brauchen, um jemanden zu beurteilen und eine Zwanzigstelsekunde bereits reicht, um ein Urteil über das Betrachtete zu fällen – noch bevor man die Gelegenheit hatte, den Inhalt zu lesen.

So funktioniert’s

  • Das Design wird dem Betrachtenden fünf Sekunden lang
    präsentiert. Es ist wichtig, dass diese das Design vorher
    nicht gesehen haben.
  • Anschliessend wird entweder mit offenen Fragestellungen
    gefragt, was in Erinnerung geblieben ist oder es
    werden gezielte Fragen gestellt.
  • Die Fragen müssen im Vorhinein festgelegt werden, um
    sicherzustellen, dass diese zu den gesuchten Antworten
    führen. So kann auch festgestellt werden, ob der Hauptfokus
    richtig gelegt wurde.

Wertvolle Erkenntnisse statt Vorlieben und Abneigungen

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass diese Techniken ein Design messbar machen können. Sie führen zu einer greifbaren Bewertung im Vergleich zu subjektiven Fragen wie «Was hältst du von den Farben?» oder «Wie wirkt das Design auf dich?». Die Ergebnisse sind schnell ausgewertet und einfach zu interpretieren. So erfährt man mit minimalem Aufwand viel mehr über das Design als nur Vorlieben und Abneigungen – und kommt zu einem Endergebnis, dass sowohl dem Projektteam als auch den Endkonsumenten gefällt!